Dreaming The Body – Queering The Image

Digitale Technologien ermöglichen es, das eigene Ich unabhängig von der biologischen Faktizität des Körpers zu definieren. Welche Konsequenzen hat diese neue Freiheit?

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Im Herzen der neuen, digital erzeugten Bilder leuchtet der Körper als Träger neuer Ideen vom Ich und dem Anderen auf. Gerade die leichte Zugänglichkeit, die Schnelligkeit und die informellen Strukturen von digitaler und virtuell operierender Kunst scheinen geeignet, bislang marginalisierten künstlerischen und gesellschaftlichen Gruppen und Erzählungen Sichtbarkeit zu verschaffen. Die wachsende gesellschaftliche Sensibilisierung für Themen wie Inklusion, Diversität, Gleichheit und Zugang fließt selbstverständlich in die Praxis junger Künstler*innen ein und sorgt für diskursiven Veränderungsdruck.

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Digitale Technologien ermöglichen es, das eigene Ich sowie Konzepte von Gender und persönlicher Identität nicht mehr ausschließlich in Übereinstimmung mit der biologischen Faktizität des Körpers definieren zu müssen. Der Diskurs um alternative Identitätsformen ist nicht mehr länger auf fragmentierte Gruppierungen innerhalb der Netzkultur reduziert: Er rückt ins Zentrum künstlerischer Arbeit und, von dort aus, politischer und gesamtgesellschaftlicher Debatten. Doch dieser Diskurs wäre nicht möglich, wäre er nicht lange vorbereitet worden von einer zunehmenden Vermischung künstlerischer Strategien von Performance, Malerei, Skulptur über digital veränderte Fotografie und Animation bis hin zu politischem Aktivismus. Mit großer Dynamik ereignen sich diese hybriden Prozesse gegenwärtig vorwiegend auf Social Media, auf VR-Plattformen, in Zoom-Talks oder digitalen Foren befördert nicht zuletzt durch die Erfahrung der COVID-19-Pandemie. Die in dieser Zeit entstandenen neuen Vermittlungs- und Inszenierungsformate haben die Kunstszene und auch die beschriebenen Diskurse, Debatten und ihr künstlerisches Ausagieren nachhaltig verändert. In diesem Kontext könnte sogar die zunächst polemisierte und rein marktorientierte Diskussion um NFTs geeignet sein, in der Kunst den Diskurs ums Digitale für neue Positionen zu öffnen.

Im Zuge der beschleunigten Neuerfindung und unaufhörlichen Ausdifferenzierung künstlerischer Statements und ästhetischer Diskurse zu den Themen Körper, Geschlecht und Gender scheint die Zersplitterung in eine Vielzahl gleichberechtigter Teile Normalität zu werden.

Es entstehen künstlerische Positionen, die sich in unendlichem Maße rekombinieren lassen und in individuellen Ausdeutungen zu kraftvollen Werkzeugen jedes Individuums werden können, das sich zugleich herausgefordert und befreit sieht von den neuen Möglichkeiten virtueller Selbstdefinition.

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